Hungersnot auf der Welt: Ursachen & Folgen (2024)

735 Millionen Menschen hungern aktuell weltweit. Das sind etwa 9,2% der Weltbevölkerung oder jeder 11. Mensch. In einer Zeit vielgestaltiger Krisen ist die Entwicklung hin zu einer Welt ohneHungerpraktisch zum Stillstand gekommen. Die Auswirkungen des Klimawandels und die Folgen der Pandemie, zahlreiche Konflikte und die schwache Konjunktur haben soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten verschärft. Krisen und Kriege nehmen zu – und damit auch die Gefahr einer Hungersnot.

Ab wann spricht man offiziell von einer Hungersnot?

Wie der Begriff Nothilfe, so ist auch der Begriff Hungersnot abhängig von gewissen Kriterien. Grundsätzlich wird die Bezeichnung verwendet, wenn Hunger in einer Region extreme Ausmaße annimmt. Der IPC unterscheidet dabei fünf Phasen der Ernährungsunsicherheit. Vor einer Hungersnot wird meist von einer Hungerkrise gesprochen.

Die Fünf Phasen der Ernährungsunsicherheit

Phase 1: Minimal

Haushalte sind in der Lage, den Grundbedarf an Nahrungsmitteln und Non-Food-Produkten zu decken, ohne dabei atypische oder nicht nachhaltige Strategien zum Beschaffen dieser verfolgen zu müssen.

Phase 2: Angespannt

Haushalten steht ein minimal angemessenes Angebot an Nahrungsmitteln zur Verfügung. Einige wesentliche Non-Food-Produkte sind jedoch ohne atypische oder nicht nachhaltige Strategien nicht erschwinglich.

Phase 3: Krise

Haushalte haben entweder nur einen eingeschränkten Zugang zu Nahrungsmitteln, der sich in einer hohen Unterernährung widerspiegelt oder sind kaum in der Lage, den Mindestbedarf an Nahrungsmitteln zu decken, ohne dabei wesentliche Ressourcen zu Sicherung des Lebensunterhalts zu erschöpfen.

Phase 4: Notfall

Haushalten stehen so wenige Nahrungsmittel zur Verfügung, dass eine akute Unterernährung besteht, die sich in erhöhter Sterblichkeit widerspiegelt. Oder sie sind zwar in der Lage, den Mindestbedarf an Nahrungsmitteln größtenteils zu decken, jedoch nur durch den Einsatz von Notfallstrategien und dem Verkauf von Vermögenswerten.

Phase 5: Hungersnot

Haushalte haben trotz Notfallstrategien einen extremen Mangel an Nahrungsmitteln und Non-Food-Produkten, der sich in extrem kritischer Unterernährung, Verelendung und sehr hoher Sterblichkeit widerspiegelt.Phase 5, die Hungersnot (engl. Famine), ist laut des IPC dann erreicht, wenn:

  • mindestens 20 % der Bevölkerung einer Region weniger als 2100 Kilokalorien pro Tag essen kann.
  • mindestens 30 % der Kinder einer Region unter akuter Unterernährung leiden.
  • mindestens zwei von 10.000 Menschen in einer Region täglich aufgrund von Nahrungsmittelmangel sterben.

Eine Hungersnot entsteht schleichend. Auch wenn Phase 5 selten erreicht wird, bedeutet das nicht, dass die Menschen vorher nicht in Not sind. Oft haben sie bereits mehrereMonateums Überleben gekämpft, bevor eine Hungerkrise in den Medien für Schlagzeilen sorgt. Deshalb müssen wir vorausschauend handeln, so dass die Phase der Hungersnot erst gar nicht erreicht wird.

Wo drohen Hungersnöte?

Jedes Jahr liefert derWelthungerindex(WHI) Daten zur Ernährungslage in betroffenen Ländern. Aufgrund verschiedener Indikatoren wird für jedes Land ein WHI-Wert berechnet, der in eine von fünf Kategorien fällt. Ziel des WHI ist es, für eine bessere Sichtbarkeit und ein verbessertes Verständnis der weltweiten Hungersituation zu sorgen. Seine Zahlen geben Aufschluss darüber, ob Maßnahmen zur Hungerbekämpfung in bestimmten Ländern Wirkung zeigen. Zudem lässt sichauch zu erkennen, in welchen Regionen der Hunger Überhand nimmt oder obeine Hungersnot droht.

Die Kriterien zur Berechnung des WHI-Wertes sindUnterernährung(prozentualer Anteil der Bevölkerung), Auszehrung bei Kindern(Anteil von Kindern unter 5 Jahren), Wachstumsverzögerung bei Kindern(Anteil von Kindern unter 5 Jahren)und die Kindersterblichkeit(Rate von Kindern unter 5 Jahren). Aus einem dreistufigen Berechnungsverfahren ergibt sich ein WHI-Wert auf einer Skala von 1 bis 100, der die Hungersituation für jedes Land wie folgt einordnet:

  • Niedrig(9.9 oder geringer)
  • Mäßig(10.0 - 9.9)
  • Ernst(20.0 - 34.9)
  • Sehr ernst(35.0 - 49.0)
  • Gravierend (50.0 oder höher)

Laut den aktuellen Ergebnissen des WHI wird die Hungersituation in sechs Ländern als sehr ernst eingestuft: Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Lesotho, Madagaskar, Niger und Jemen. Diese Einschätzung basiert auf den Werten des WHIs. In einigen Ländern liegen nicht ausreichend Daten vor, um einen WHI-Wert zu berechnen. Auf Basis bekannter Daten wurde die Situation jedoch in drei weiteren Ländern als sehr ernst eingestuft: InBurundi, Somalia und dem Südsudan.Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass es gerade in diesen Ländern zu Hungersnöten kommen kann, wenn nichts an der Situation geändert wird.

Wie entstehen Hungersnöte?

Eine Hungersnot entsteht dann, wenn Ursachen, die weltweit für Hunger sorgen, sich entweder akkumulieren oder im Einzelnen zuspitzen. So kann eine Region wie beispielsweise Somalia in Ostafrika gleichzeitig von einem Krieg und gravierenden Ernteausfällenbetroffen sein. In Kombination kann das auf lange Sicht zu einer Verschärfung der Nahrungsmittelknappheit bis hin zur Hungersnot führen.

Factsheet: Hunger

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Was sind Ursachen für weltweiten Hunger?

Bewaffnete Konflikte und Kriegesind Beschleuniger fürErnährungsunsicherheit. Oft kommt es durchKämpfe zu Engpässen und aufgrund der Sicherheitslage gelangt auch keine Nahrung von außen ins Land. In Gazazum Beispiel sind aktuell mehr als 2 Millionen Menschen von einer katastrophalen Ernährungsunsicherheit betroffen. Eine Hungersnot steht unmittelbar bevor.Ein Drittel der Bevölkerung Gazas befindet sich bereits in IPC-Phase 5.

AuchMenschen auf der Fluchthaben einen eingeschränkten Zugang zu Nahrung und müssen häufig Hunger leiden. Gleichzeitig ist Nahrungsmittelknappheit oft selbst ein Fluchtgrund.

Hunger wird auch durch denKlimawandelverstärkt und ist dadurchein wesentlicher Faktor fürweltweiten Hunger. Vor allem Menschen in armen Ländern sind zunehmenden Wetterextremen schutzlos ausgeliefert. Dürren, Stürme oder Starkregen bedrohen Haus und Hof der Menschen und stürzen sie häufig in existenzielle Krisen. Auch Naturkatastrophenwie Erdbeben oder Tsunamis können binnen kürzester Zeit die Lebensgrundlage vieler Menschen zerstören und sie abhängig von humanitärer Hilfe machen.

Menschen inArmutsindhäufiger von Hunger betroffen. Wer in Armut lebt, hatnurmangelnden Zugang zu Nahrungsmitteln, Land oder Produktionsgütern und lebt oft von der Hand in den Mund. Kinder sind besonders von Hunger betroffen. Mangelernährung hatgravierende Folgen für ihre körperliche und geistige Entwicklung. OhneEssensinktauchdieArbeitskraft und damit das Potenzial, sich durch eigene Arbeit selbst aus ihr zu befreien. Armut ist der fundamentalste Grund für Hunger.

Korruptionundschlechte Regierungsführungsorgen besondersin Entwicklungsländernfür Hunger. Oft bereichert sich eine politische Elite selbst, anstatt in die Infrastruktur oder die Wirtschaft zu investieren.

Auch unser Konsumverhalten, insbesondere dieVerschwendungvon Lebensmitteln und Ressourcensind mitverantwortlich für Hunger auf der Welt. Generell sind ausreichend Lebensmittel vorhanden. Ein großer Teil davon wird jedoch beispielsweise als Tierfutter verwendet, damit das überaus große Angebot an Fleischprodukten in Industrieländern überhaupt aufrechterhalten werden kann. Dazu wird ein Drittel der Lebensmittel ungenutzt weggeworfen. Lebensmittel, die viele Menschen satt machen würden. Auch in Entwicklungsländern verderben Lebensmittel oft aufgrund schlechter Lagerung oder mangelnder Infrastruktur, was die Transporte erschwert.

Hungersnöte bekämpfen und verhindern

Bricht eine Hungersnot aus, greift das Team der Welthungerhilfe mit schneller Nothilfe ein. Speziell ausgebildete Teams sind rund um die Uhr einsatzbereit und können in kurzer Zeit vor Ort helfen. Oberste Priorität dabei hat die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Artikeln des täglichen Grundbedarfs. Das Ziel der Überlebenshilfe muss dabei sein, mittelfristig die Selbstversorgung der Menschen wiederherzustellen.

Die Erfahrung der Welthungerhilfe zeigt, dass Prävention effizienter ist als Reaktion. Wer dafür sorgt, dass Nothilfe gar nicht erst in Anspruch genommen werden muss, hilft nachhaltig. Das bedeutet, die Ursachen für Hunger, sofern möglich, schon vorher zu bekämpfen und die Resilienz der Menschen zu stärken, um Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Maßnahmen zur Prävention von Hungersnöten sind:

  • Investitionen in den ländlichen Raum
  • Aufbau katastrophensicherer Infrastruktur
  • Diplomatische Arbeit in Konfliktgebieten
  • Armutsbekämpfung
  • Erhalt der Biodiversität
  • Flüchtlingshilfe
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Stärkung der Zivilgesellschaft

Unsere Ansätze gegen Hungersnöte

Hungersnot auf der Welt: Ursachen & Folgen (3)

Afrika: Das Leben vieler Menschen durch Hunger und Armut bedroht

Wer in Armut lebt, kann sich keineLebensmittel leisten, ist durch Nährstoffmangel geschwächt und kann nicht für einregelmäßiges Einkommen arbeiten. Naturkatastrophen zerstören Ernten, Kriege oder bewaffnete Konflikte vergrößern die Hungerspirale. Ein Teufelskreis! Wir unterstützen Menschen in unseren Projekten weltweit dabei, sich selbst aus Hunger und Armut zu befreien.Mehr erfahren

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Saatgut und Nahrungsmittel für Opfer von Naturkatastrophen

Wenn Naturkatastrophen Ernten und Ackerland zerstörenoderNutztiere töten, steht die ländliche Bevölkerung oft vor dem Nichts. Dann greift die Welthungerhilfe mit schneller Nothilfe ein – wie z.B. inMosambik, alswegen Zyklon Idai1,85 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen waren. Wir versorgten über 40.000 Menschen mit Hygiene-Artikeln, Nahrungsmitteln und Utensilien für die provisorische Notunterkunft.Mehr erfahren

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Der Klimawandel zwingt zum Umdenken in Kenia

Die Massai in Kenia sind traditionelle Viehhirt*innen. Doch der Klimawandel sorgt für vermehrte Dürreperioden – ihre Tiere verenden. So haben sie weder eine Quelle für Nahrung, noch für ein Einkommen. Unterstützt durch die Welthungerhilfe haben die Massai ihren Lebensstil den neuen Bedingungen angepasst. Mehr erfahren

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Resilienz in Simbabwe: Die Kornkammer wieder füllen

Die Ernährungssituation in Simbabwe ist angespannt. Im von derWelthungerhilfe mitgegründeten Agricultural Business Centererhalten junge Landwirt*innen Schulungen in innovativen Anbaumethoden und Viehzucht, werden beraten und knüpfen Handelskontakte. Das verleiht ihnen mehr Selbstbewusstsein und macht sie auch resilienter gegenüber Krisen und Hungersnöten. Mehr erfahren

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Author: Rubie Ullrich

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